Deponiedichtwände: Schadstoffrückhaltevermögen und -beständigkeit
1 | Kurzdarstellung | |
2 | Untersuchungsbeispiele | |
2.1 | Verarbeitbarkeit und Dauerbeständigkeit | |
2.2 | Kalklösende Kohlensäure | |
2.3 | Schadstoffrückhaltung | |
4 | Veröffentlichungen | |
1 Kurzdarstellung |
Dichtwände werden als mineralische Schlitzwände bereits seit mehr als 50 Jahren z.B. für die Absicherung von Baugruben hergestellt. Als Anfang der 80-er Jahre diese Technik auch zur Sicherung von Altlasten eingesetzt werden sollte, ergab sich auf Grund neuer Anforderungen erheblicher Entwicklungsbedarf. Besonders hohe Anforderungen werden an die Undurchlässigkeit der Dichtwände gestellt. Sie sollen jedoch nicht nur das Wasser als ein Transportmedium, sondern darüber hinaus die Schadstoffe selbst möglichst effektiv zurückhalten. Wenn möglich, sollen sie auch in der Lage sein, den rein diffusiven Schadstofftransport zu minimieren. Schließlich ist zu fordern, dass sie aggressiven Schadstoffen auch langfristig standhalten sollen. |
Die klassischen Dichtwandmischungen für das sogenannte Einphasenverfahren bestehen aus Natrium-Bentonit, Zement und Wasser. Mit derartigen Massen lassen sich im Labor Durchlässigkeits- Beiwerte um 10-9m/s erreichen. In zahlreichen Fällen genügt dies bereits den Ansprüchen. Bei moderneren Entwicklungen versucht man, den reaktiven und empfindlichen Na-Bentonit durch Ca-Bentonit zu ersetzen und mit Hilfe von Füllstoffen und ggf. Reaktiven als Verflüssigern und/oder Erstarrungsreglern feststoffangereicherte Massen herzustellen. Im Labor lassen sich an ihnen Durchlässigkeitsbeiwerte um 10-11m/s und darunter messen. |
Im Zweiphasenverfahren wird der Schlitz zunächst unter der stützenden Wirkung einer Primär- Suspension ausgehoben. Die Suspension wird anschließend durch die endgültige dichtende Zweitmasse ersetzt. Bei der Wahl der Baustoffe für die Zweitmasse hat man größere Freiräume als bei den Einphasenmassen, da die Zweitmassen nicht unbedingt als fließfähige Suspensionen vorliegen müssen. Hier gibt es dementsprechend zahlreiche Sonderentwicklungen, beginnend bei betonähnlichen Massen bis hin zu zementfreien Mischungen mit organischen Bindemittelsystemen. Bei diesen Massen werden im Labor gelegentlich Durchlässigkeiten unter 10-12m/s gemessen. Im Labor Dr. R. Wienberg untersuchten wir die Dauerbeständigkeit von Dichtwandmassen. Dabei hat es sich gezeigt, daß die Erfahrungen und Normen aus dem Tiefbau, z.B. mit Beton (DIN 4030), nur sehr begrenzt auf mineralische Dichtwände zu übertragen sind. Zum einen finden sich in den Altlasten angreifende Stoffe und Stoffgemische, die unter "normalen" Bedingungen im Boden nicht auftreten. Zum anderen gelten die Normen und Erfahrungen vor allem für den Zement als Bindemittel; die übrigen Zuschläge werden in der Regel als wenig reaktiv angesehen. Im Gegensatz dazu enthalten Dichtwände mit Na- oder Ca-Bentoniten oder mit organischen Hydrogelsystemen kolloidale, reaktive Bestandteile mit einer eigenen, komplizierten Chemie. |
Als Fazit gilt, daß die Dauerbeständigkeit des Materials nur im Einzelfall gegen die projektspezifischen Schadstoffe geprüft werden kann. Normen oder Regeln für diese Prüfungen gibt es zur Zeit noch nicht; ein Ausschuss der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik, hat sich eine Vereinheitlichung zum Ziel gesetzt. Üblich sind sogenannte Lagerungsversuche. Dabei werden Prüfkörper in ein Deponie- oder Testsickerwasser eingelagert. Gelegentlich erfolgt auch eine Einlagerung in kontaminiertes Bodenmaterial oder in Öl- oder LCKW-haltige Prüfmedien. Zu unterscheiden ist der freie und der arretierte Lagerungsversuch. Im freien Versuch wird ein Prüfkörper nach dem Aushärten von seiner Schalung befreit und in das Prüfmedium engelagert, so daß er dem Schadstoffangriff allseitig ausgesetzt ist. Im arretierten Lagerungsversuch verbleibt der Prüfkörper in seiner Schalung, nur die Stirnseite ist offen und kann vom Prüfmedium angegriffen werden. In diesen Versuchen werden regelmäßig die Abmessungen und das Gewicht kontrolliert, um Schrumpfen oder Quellen bzw. Massenverluste festzustellen. Soweit die angreifenden Medien zu einer Entfestigung führen, lässt sich dies gut mit Hilfe des Vicat-Nadelgerätes feststellen. Dabei wird festgestellt, wie weit eine Nadel mit 1 mm Durchmesser und bei 300 g Auflagegewicht in den Prüfkörper eindringen kann.
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Nicht nur die Langzeitstabilität, auch die Verarbeitbarkeit der Suspension bei der Herstellung des Schlitzes kann erheblich durch Schadstoffe beeinträchtigt werden. Je nach Verfahren muss damit gerechnet werden, dass ein gewisser Anteil des Bodenaushubs bei der Herstellung des Schlitzes eingemischt wird. Um sicher zu sein, dass die Suspension auch bei Einmischung von Schadstoffen stabil bleibt, werden entsprechende Anmisch- und Rührversuche durchgeführt. Während der Versuche wird laufend entsprechend den GDA-Empfehlungen die Rheologie, die Filtratwasserabgabe, das Sedimentationsverhalten und die Fließgrenze des Systems überprüft. An Rückstellproben wird das Aushärtungsverhalten im Vergleich zu nicht beaufschlagten Proben bestimmt. Das primäre Ziel einer Altlasteneinkapselung ist es, die Schadstoffe zurückzuhalten, die Behinderung der Ausbreitung des Wassers als Transportmedium durch geringste Durchlässigkeit ist dagegen ein sekundäres, abgeleitetes Ziel. Daher strebt man auch an, Dichtwandmassen mit hoher Schadstoffsorptivität einzusetzen, um den Schadstofftransport so weit wie möglich zu retardieren. So haben unsere Untersuchungen gezeigt, dass man mit organisch modifizierten Dichtwandmassen den Transport von organischen Schadstoffen mit dem Porenwasser um mehr als das 20-fache verlangsamen kann.
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Aber auch wenn kein Porenwasser mehr strömt, kommt es durch Diffusion zu einem Schadstofftransport. Diffusiv beweglich ist jedoch nur der wassergelöste (desorbierte) Schadstoffanteil, der sorbierte Anteil diffundiert nicht. Daher kann man auch den diffusiven Transport durch eine möglichst hohe Sorptivität sehr effektiv behindern. Weitere, den Transport beeinflussende Faktoren sind die Porosität und die Tortuosität des Materials. Letzteres ist ein Geometrie-Faktor, der angibt, welche Umwege ein diffundierendes Molekül in einem Korngefüge im Vergleich zum freien Wasser zurücklegen muß. Durch Optimierung dieser beiden Faktoren kann die Schadstoffretardation ebenfalls erheblich beeinflußt werden.
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Im Labor Dr. R. Wienberg wurden die wichtigsten Daten zur Berechnung des Schadstoff- Transportes erhoben. Dazu führten wir Sorptions- und Diffusionsversuche durch und ermittelten die Tortuositäten. Diese Daten nutzten wir für die mathematische Transportmodellierung unter Annahme vernünftigerweise zu erwartender realistischer Bedingungen oder unter besonders ungünstigen Verhältnissen (worst case Scenarios). Diese Ergebnisse sind zum einen ein weiteres Auswahlkriterium für die Bestimmung der Dichtwandrezeptur, die am besten für den Einzelfall geeignet ist, zum anderen ermöglichen sie eine Gefährdungsabschätzung nach der erfolgten Altlasteneinkapselung. |
2 | Beispiele für durchgeführte Untersuchungen für Dichtwände |
2.1 | Verarbeitbarkeit und Dauerbeständigkeit von Dichtwandmaterial bei Kontakt mit ölhaltigen Industrieabfällen |
Vorhaben: Eine Altdeponie mit hochtoxischen ölhaltigen Industrieabfällen soll durch eine umschließende mineralische Schlitzwand gesichert werden. Die Schlitzwand bindet in torfhaltigen Klei ein und schneidet den kontaminierten Bereich.
Fragestellung: Es soll das Verhalten der Frischsuspensionen bei teilweiser Einmischung kontaminierten Materials bzw. von Torf untersucht werden. Die Langzeitstabilität des Materials bei Schadstoffkontakt ist zu beurteilen.
Ziel der Untersuchungen: Aus mehreren möglichen Dichtwandrezepturen ist diejenige zu ermitteln, die bei Schadstoffbelastung die beste Verarbeitbarkeit und Dauerbeständigkeit aufweist.
Vorgabe: Grundlage der Eignungsprüfung sind die Empfehlungen des Arbeitskreises Geotechnik der Deponien und Altlasten (GDA). Die Untersuchungen werden zusammen mit Grundbauern und Bodenmechanikern durchgeführt. Die Vorarbeiten ergeben 4 grundsätzlich einsetzbare Rezepturen, die auf die o.g. Fragestellungen weiter zu untersuchen sind.
Lösung der Aufgabe: Auf der Grundlage bauchemischer Boden- und Sickerwasseranalysen wird jeweils ein wässriges und ein ölhaltiges Prüfmedium definiert. Die Suspensionen werden unter Zugabe von 2 und 5% der Prüfmedien bzw. des Torfes angemischt. An den Frischsuspensionen und im 8-stündigen Rührversuch wird gemessen:
2.2 | Beständigkeit von Dichtwandmassen für eine Altlasteneinkapselung gegen kalklösendeKohlensäure |
Vorhaben: Als Sicherung für einen Altstandort ist eine mineralische Dichtwand geplant. Chemische Untersuchungen in der Trasse einer geplanten Dichtwand ergaben erhebliche Konzentrationen kalklösender Kohlensäure (sehr stark angreifend nach DIN 4030).
Fragestellung: Sind die für diesen Fall vorgesehenen Baustoffe gegen kalklösende Kohlensäure hinreichend stabil?
Ziel der Untersuchungen: Als zusätzliches Auswahlkriterium sind aus mehreren, in vorangegangenen Versuchen als einsetzbar beurteilten Dichtwandrezepturen, diejenigen zu ermitteln, die bei Belastung mit kalklösender Kohlensäure die geringsten Degenerationserscheinungen aufweisen.
Vorgabe: Es werden 6 Massen untersucht, davon eine Sonderentwicklung mit stark Kohlensäure-puffernden Zuschlägen. Es liegen Werte für den Gehalt der Böden an kalklösender Kohlensäure vor.
Lösung der Aufgabe: Probekörper aus frisch angemischten Dichtwandmaterial werden zunächst 2 Tage bis zum Erreichen einer genügenden Frühfestigkeit feucht gelagert, anschließend als freie Lagerungsversuche (Proben werden ausgeschalt, allseitiger Angriff) und als arretierte Versuche (Proben verbleiben in ihren Schalungen, Schadstoffangriff nur über die Stirnfläche) in Leitungswasser mit und ohne ständiger CO2-Begasung gelagert.
Nach 28 bzw. 56-tägiger Lagerung wird an den Probekörpern bestimmt:
2.3 | Schadstoffrückhaltevermögen von Dichtwänden bei Belastung mit LCKW in Lösung und in Phase |
Vorhaben: Ein Industriealtstandort soll durch eine mineralische Schlitzwand gesichert werden. Der Standort ist erheblich mit organischen Lösemitteln, insbesondere mit LCKW belastet.
Fragestellung: Wie groß ist auf Dauer unter verschiedenen Bedingungen das Schadstoffrückhaltevermögen der Dichtwand?
Ziel der Untersuchungen: Langzeitausbreitungsprognosen für die Schadstoffe durch die Dichtwand unter pessimistischen und realistischen Randbedingungen. Zusätzliche Bewertung der verschiedenen einsetzbaren Dichtwandrezepturen mit dem Ziel, höchstmögliche Schadstoffretardation zu erhalten.
Vorgaben: Zu untersuchen sind die LCKW Trichlorethan und Perchlorethylen sowie Dichlorbenzol. Die Zusammensetzung und die Eigenschaften der Dichtwandmischungen - insbesondere die Durchlässigkeitsbeiwerte - sind bekannt.
Lösung der Aufgabe: Es werden im Labor mit den gelieferten Baustoffen nach den Rezepturen des Auftraggebers die Dichtwandmischungen hergestellt. Nach 28 Tagen werden folgende Untersuchungen ausgeführt:
3 | Veröffentlichungen zur Schadstoffbeständigkeit und zum Schadstofftransport bei Dichtwänden |